Seit einigen Jahren gibt es in der Bundesrepublik Deutschland vermehrt gesellschaftliche, politische und historische Anstrengungen zur Aufklärung von verschiedenen Missbrauchstatbeständen an diversen gesellschaftlichen Gruppen mit und ohne Behinderungen im Zeitraum zwischen 1950 und 1990. In nahezu allen Fällen konnten die Taten geschehen , ohne das Aufsichtsbehörden tätig geworden sind oder genauer hingeschaut haben. 

Dies betrifft insbesondere die Kindererholungskuren, die zwischen 1950 und 1980 mit Unterstützung öffentlicher Stellen, aber fast ausnahmslos ohne Aufsicht über die Heime stattfanden. Dies lag zum einen an der Entfernung zu den Heimatorten, Kinder aus Rheinland-Pfalz wurden mehrere Wochen z.B. bevorzugt in Heimen im Schwarzwald, in Bayern oder an der Nordsee untergebracht. Andererseits waren die große Mehrheit der Unterkünfte in privater oder kirchlicher Trägerschaft und so oft dem unmittelbaren Zugriff der Heimaufsicht enthoben. Zudem wurden die Kindererholungsaufenthalte oft von örtlichen Vereinen oder Organisationen wie Kirchen (Caritas, Diakonie) und Wohlfahrtsverbänden organisiert und durchgeführt. 

Auf der Internetseite https://verschickungsheime.de finden sich neben Zeitzeugenberichten auch umfangreiche weitere Informationen und Hinweise sowie Anlaufstellen für eigene Recherchen. Darüber hinaus finden Sie Listen von Heimen, aufgeteilt nach Bundesländern. 

Unter der Leitung von Prof. Dr. Nicole Hoffmann und Dr. Hannah Rosenberg erarbeitete eine Gruppe von Studierenden des Instituts für Pädagogik der Universität Koblenz auch mit der Unterstützung des Landeshauptarchivs Koblenz eine Handreichung, die es sich zum Ziel gemacht hat, die Selbstaufklärung der Betroffenen und den Prozess der Erinnerung und Aufarbeitung zu unterstützen. Die Handreichung liegt in einer Onlineversion vor. Eine Drucklegung ist geplant. Handreichung zu Wegen des Umgangs mit Verschickungserfahrungen | Universität Koblenz

Ein weiteres Projekt setzt sich mit dem Thema “Verschickungskinder” über das Medium Comic auseinander.   Basierend auf öffentlichen Berichten und Interviews wurden vier verschiedene Geschichten entwickelt, um einen exemplarischen Einblick in die Erlebnisse und Emotionen dieser Kinder zu geben. Jede Geschichte visualisiert einen Ausschnitt aus der Zeit der Kinderkuren und lässt die Leser*innen teilhaben an den Herausforderungen, Hoffnungen und Träumen dieser Kinder und soll so ein tieferes Verständnis für die Vielfalt der Erfahrungen der Verschickungskinder vermitteln. Trauma auf Rezept? Biografische Erinnerungen von Verschickungskindern | Universität Koblenz

Literatur: 

Hoffmann, N.: Zugang zur fremden Welt der Archivalien, in: Unsere Archive. Mitteilungen aus den rheinland-pfälzischen und saarländischen Archiven. Heft 68/2023, S.64-65.

Pawelletz, J.: Kindererholungskuren in der BRD: (K)Ein Fall für das Landeshauptarchiv Koblenz!?, in: Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz, Jahresbericht 2022, S. 74-76

Pawelletz, J.: Eine gelungene Kooperation: Die Aufarbeitung der Vergangenheit des Viktoriastifts Bad Kreuznach, in: Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz, Jahresbericht 2023, S. 62-63

 

     

Verschickt, verdrängt, vergessen!? Zur Kinderkur-Verschickung und ihrer Aufarbeitung.

Unter dem Titel “Verschickt, verdrängt, vergessen!? Zur Kinderkur-Verschickung und ihrer Aufarbeitung.” fand am 11. Juni 2024 ein Vortrags- und Informationsabend im Landeshauptarchiv Koblenz statt. Den Vortrag von Dr. J. Pawelletz finden Sie hier: