Das 1946 gegründete Rheinland-Pfalz vereinte Städte und Kommunen unterschiedlicher Länder. Zwar beruhten die kommunalen Rechte und Kommunalverfassungen der sich selbst verwaltenden Gemeinschaften fast überall auf der Fortführung der französischen Munizipalverfassung aus der Zeit von 1794 bis 1813, waren aber unterschiedlich ausgeprägt.
Die kommunale Landschaft in Rheinland-Pfalz wird von einer Vielzahl kleiner Gemeinden geprägt. Teil der Geschichte kommunaler Verwaltung sind organisatorische Bemühungen, eine bürgernahe wie auch fachkundige Verwaltung in den Kommunen zu organisieren. Dieses spiegelt sich in unterschiedlichen Kommunalverfassungen der Länder, aus denen 1946 Rheinland-Pfalz gegründet wurde. Mit der Gemeindeordnung von 1948 wurde eine einheitliche Rechtsgrundlage geschaffen, die aber weiterhin regional unterschiedlich gestaltet war. Eine wirkliche Vereinheitlichung der Kommunalverfassung fand erst im Zuge der Verwaltungsreform von 1969 bis 1972 statt.
Ähnliche regionale Unterschiede gelten für das kommunale Archivgut. Aufsicht und Betreuung lag vor 1946 bei staatlichen Archiven in Koblenz, Oldenburg, Wiesbaden, Darmstadt und Speyer. Heute teilen sich diese die beiden staatlichen rheinland-pfälzischen Archive in Koblenz und Speyer nach den 1968 gezogenen Grenzen der alten Regierungsbezirke: Zum Koblenzer Sprengel gehören die Regierungsbezirke Trier und Koblenz, zu Speyer Rheinhessen und die Pfalz.
Zuständig für Kommunen der ehemaligen Regierungsbezirke Trier und Koblenz, namentlich Kommunen der ehemaligen preußischen Rheinprovinz, ist das Staatsarchiv/Landeshauptarchiv Koblenz.
In Fortführung der französischen Verwaltung von 1794 bis 1813 wurden jeweils mehrere Ortsgemeinden zu einer Bürgermeisterei (Bezeichnung ab 1927: Amt) zusammengefasst. Ein hauptamtlicher Bürgermeister mit hauptamtlicher Verwaltung übte die gesamten Büro- und Kassengeschäfte und Auftragsangelegenheiten wie Standesamt, Ortspolizei u. a. aus.
Die „Städte-Ordnung für die Rheinprovinz“ vom 15.5.1856 schuf deutliche Unterschiede zwischen Städten und Landgemeinden. Die Ersteren konnten z.B. ihre Bürgermeister wählen, die Letzteren erst ab 1927.
Oberhalb der Bürgermeistereien waren 1816 Kreise (Landratsämter) eingerichtet worden, die gleichzeitig staatliche und kommunale Behörden waren.
Für die nassauischen Gemeinden, die 1817 an die preußische Rheinprovinz fielen, wurde dieselbe Kommunalverfassung wie im Rheinland eingeführt. Zuständig war das Staatsarchiv/Landeshauptarchiv Koblenz.
Das restliche Herzogtum Nassau wurde 1867 Teil der preußischen Provinz Hessen-Nassau. Zuständig war bis 1945 das heutige Hessische Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, seitdem das Staatsarchiv/Landeshauptarchiv Koblenz. Die Verwaltung der Landgemeinden erfolgte ehrenamtlich. Sie waren in Ämtern zusammengefasst, über denen in preußischer Zeit Kreise (Landratsämter) eingerichtet wurden.
Die Kommunen in der oldenburgischen Exklave Birkenfeld, die von 1817 bis zur Eingliederung in die preußische Rheinprovinz 1937 bestand, waren wie im preußischen Rheinland jeweils zu mehreren in einer Bürgermeisterei zusammengefasst. Zuständig war bis 1937 das Staatsarchiv Oldenburg, seitdem das Staatsarchiv/Landeshauptarchiv Koblenz. Einige Gemeinden wurden 1946 bzw. 1947 dem Saarland eingegliedert.
Zuständig für Kommunen in Rheinhessen war vor 1945 das Staatsarchiv Darmstadt, bis 1968 das Staatsarchiv Koblenz, seitdem, mit Bildung des Regierungsbezirks Rheinhessen-Pfalz, das Staatsarchiv / Landesarchiv Speyer. Eine Ausnahme bilden einige rheinhessische Gemeinden, die 1969 an den Landkreis Bad Kreuznach kamen.
Der Aufbau der kommunalen Archive folgt dem 1908 erschienenen „Registraturplan für die großherzoglich hessischen Bürgermeistereien“. Dieser wurde auch bei späteren Klassifikationen kommunaler Archive zu Grunde gelegt. Die Einheitlichkeit rheinhessischer Gemeindearchive erleichtert eine vergleichende Regionalgeschichtsforschung.
Neben den teilweise im Staatsarchiv Darmstadt verwahrten hand- oder maschinenschriftlichen alten Inventaren sind Inhalte rheinhessischer Gemeindearchive durch gedruckte Inventarbände aus den 1920er Jahren nachschlagbar.
Zuständig für Kommunen des ehemaligen Regierungsbezirks Rheinhessen-Pfalz, insbesondere der bis 1945 bayerischen Pfalz, ist das Landesarchiv Speyer.
Die Verwaltung der Landgemeinden oblag hauptamtlichen Gemeindesekretären, während das Bürgermeisteramt ehren- bzw. nebenamtlich tätig war. Ausnahmen bildeten nach dem Pfälzischen Städteverfassungsgesetz von 1908 kreisunmittelbare Städte, denen ein hauptamtlicher Oberbürgermeister vorstand. In dieser Tradition befinden sich in der Pfalz heute acht der insgesamt zwölf kreisfreien Städte in Rheinland-Pfalz. Diese unterhalten jeweils ein hauptamtlich geführtes Stadtarchiv. Von den Landkreisen hat nur der Kreis Südliche Weinstraße ein hauptamtlich geführtes Kreisarchiv eingerichtet. Einzelne Gemeinden haben schon bald nach 1900 ihr kommunales Archiv bzw. ihre alten Bestände dem staatlichen Archiv übergeben.
Gerhard Köbler, Historisches Lexikon der deutschen Länder. Die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart, 8. Auflage, München 2019
Hubert Stubenrauch: Das rheinland-pfälzische Kommunalsystem, Mainz 2024
